Heimat- und Geschichtsverein Alzenau e.V.

 

Überblick über die Geschichte des Alzenauer Stadtteils Kälberau


Kirche Kälberau

Die frühe Entwicklung des Dorfs ist untrennbar mit dem Sitz der edelfreien Herren von Kälberau verbunden, die eine Burg errichten. Mit Gerhard von "Chelverowen" werden sie 1131 erstmalig erwähnt. Das Zentrum von Kälberau ist seit seither der heutige Kirchberg.

Um 1220 erbaut der Kämmerer des Mainzer Erzbischofs, Friedrich von Kälberau, die Burg "Rannenberg" oberhalb des Krebsbachtals und nennt sich ab 1227 nach seinem neuen Sitz "von Rannenberg".

1261 wird unter Teilnahme von Werner von Eppstein als Erzbischof von Mainz, Iring, Bischof v. Würzburg und weiteren Adels in der Nähe von Kälberau ein Hoftag abgehalten, der die Grafen von Rieneck verpflichtet, auf Mainzer Kirchengrund keine Burgen mehr zu bauen. Die inzwischen in den Besitz der Grafen von Rieneck gelangte Burg Rannenberg muss daraufhin geschleift werden.

Friedrich Arenfleisch überschreibt auf dem Sterbebett vor 1285 seinen Besitzstand von 2 Höfen in Kälberau dem Kloster Seligenstadt und dem Stift Aschaffenburg.
Seine Tante, die Begine Mechtild von Hollar, macht jedoch Erbansprüche geltend; ein Schiedsspruch in Verbindung mit einem Vergleich regelt die Übernahme der zwei Gehöfte in den Besitz der Kirche.
Nach einem Rechtsstreit mit weiteren Verwandten Friedrichs, den Herren von Jossa, wird das Gehöft 1300 dem Kloster Seligenstadt und dem Stift Aschaffenburg endgültig überschrieben.

1446 erhalten die Herren v. Buchenau als adelige Märker im Freigericht das heute so genannte Klausengut als Lehen der Grafen von Hanau, bis 1707 Wolf Daniel von Boineburg durch Kauf alleiniger Besitzer wird. Über dem Portal der Klause sehen wir noch heute das Wappen derer von Buchenau/Boineburg von 1708.

1372 erfolgt der Bau einer kleinen Kapelle "unserer lieben Frau" im romanischen Stil, deren erste Pilger wohl Winzer aus dem Freigericht sind, die Maria als Schutzheilige für ihre Weinberge verehren.
Der gotische Chor und der Wehrturm der Wallfahrtskirche stammen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Über dem Portal der Turmnordseite ist der so genannte Templerkopf erkennbar, der auch als Relief mit Schweißtuch der Veronika gedeutet wird. Um 1380 entsteht das Gnadenbild der "lächelnden Maria" (heute im alten Kirchenteil).
Seit 1603 wird die Kirche als Wallfahrtskirche "Maria zum rauhen Wind" bezeichnet. Der um das Gotteshaus liegende Hof dient als Fluchtburg und ist mit Mauern und Schießscharten versehen.
1710 wird ein Wallfahrtsweg mit 7 Bildstöcken der 7 Schmerzen Mariens angelegt, Diese werden 1980 auf den heutigen Fußweg im Kahltal verlegt.

Infolge der Wallfahrten entwickelt sich eine Markttätigkeit, die heute noch durch die 1763 angebrachte Kälberauer Elle, ein als Maßeinheit an der Außenseite der Kirchenmauer eingelassene Eisenstab, zu sehen ist.

Nach Teilung des Freigerichts wird dem Kurfürstentum Mainz 1748 die Oberhoheit von Kälberau übertragen.
1802 wird der Ort der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt zugeordnet.
Nach dem Wiener Kongress übernimmt 1816 das Königreich Bayern den Ort und nach dem Tod des Wilhelm von Buchenau 1830 auch das Klausengut.
1845 verschenkt Bayern die Kirche an die politische Gemeinde, das Stiftungsamt Aschaffenburg übernimmt die Klause.
1858 bis 1861 dient das Anwesen vorübergehend dem Johanniszweigverein als Erziehungsanstalt.

1880 Einweihung des nach dem bayerischen König benannten Ludwigsturms zum 700. Jubiläum der Wittelsbacher auf dem nahe gelegenen Hahnenkamm, der für die Bevölkerung ein beliebtes Ausflugsziel ist.

Im Jahr 1957 kann der vom bischöflichen Dombaumeister Hans Schädel als "Vierkonchenanlage" konzipierte Erweiterungsbau der Wallfahrtskirche eingeweiht werden. Die Marienstatue "Madonna mit der Traube" von 1470 wird nun hinter dem Altartisch des Neubaus eindrucksvoll in Szene gesetzt.

1959 wird die Klause als offizielle Niederlassung des Pallotinerordens wieder zum Kloster.

2017 verlassen die Pallotiner endgültig Kälberau.